In zahlreichen Städten kam es am vergangenen Wochenende zu Protesten gegen das Anti-Produktpiraterie-Abkommen ACTA. Während die Demonstranten ihre Grundrechte beschnitten sehen, weist der Internetverband Eco darauf hin, dass auch der Rechtsrahmen für die Internetwirtschaft gefährdet sei.
Das auf Initiative der USA und Japans in mehrjährigen Verhandlungen fertig gestellte Abkommen ACTA richtet sich allgemein gegen Produktpiraterie, sieht aber unter anderem auch vor, dass Internet-Anbieter für Urheberrechtsverletzungen von Kunden haftbar gemacht werden können. Viele Formulierungen sind sehr schwammig gehalten, was – je nach juristischer Interpretation – dazu beitragen könnte, dass das Internet viel schärfer als heute in Bezug auf Urheberrechtsverletzungen überwacht werden muss.
In Europa wird das internationale Abkommen wegen seiner möglichen Auswirkungen auf die Grundrechte der Bürger stark kritisiert, am vergangenen Samstag fanden in zahlreichen, deutschen Städten Demonstrationen statt. Schon am Freitag wurde bekannt, dass die deutsche Regierung das Urheberrechtsabkommen vorerst nicht unterzeichnen wird. Das Auswärtige Amt zog eine bereits erteilte Weisung zur Signierung des umstrittenen Vertragswerks wieder zurück. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) habe Bedenken angemeldet, sagte dazu ein Sprecher des Auswärtigen Amts. Als Folge der Skepsis in Deutschland und einigen anderen EU-Staaten wird sich nun das Europaparlament mit dem Abkommen befassen müssen.
Der Verband der deutschen Internetwirtschaft Eco e.V. weißt in diesem Zusammenhang darauf hin, dass ACTA auch den verlässlichen nationalen und internationalen Rechtsrahmen der Internetwirtschaft gefährde, der eine wichtige Voraussetzung für Innovationen und die weltweite, digitale Entwicklung sei. Ein Viertel des deutschen Wirtschaftswachstums entspringe der schnell expandierenden Internetwirtschaft.
Ein wesentlicher Erfolgsfaktor der Internet-Branche sei die neutrale Infrastruktur der Internet-Provider, durch deren Netze die Daten fließen. Diese technische Infrastruktur diskriminiere niemanden und habe so die Grundlage für ein einzigartiges Wachstum und Innovationen der Internetwirtschaft geschaffen. Ebenso wichtig sei der klare Rechtsrahmen für die Erbringung der Providerleistungen. Oliver Süme, Vorstand für Politik, Recht und Regulierung, warnt in diesem Zusammenhang vor Konsequenzen von ACTA: »ACTA forciert den Druck auf die Provider, an diesem Rechtsrahmen vorbei die wirtschaftlichen Interessen der Copyright-Industrie zu bedienen. Sie sollen als Hilfssheriff bei der Verfolgung von Rechtsverletzungen zuarbeiten. Das verletzt den Kern der eigentlichen Providerleistungen und zerstört das Verhältnis zu den Kunden, die auf eine neutrale und datenschutzkonforme Kommunikations-Infrastruktur vertrauen«.
Der Verband gibt darüber hinaus zu bedenken, dass die beteiligten Länder bei der Umsetzung von ACTA sehr unterschiedliche Regelungen schaffen könnten und so die weltweit agierenden Unternehmen der Internetbranche vor kaum zu bewältigende rechtliche Probleme stellen würden.
Quelle: crn.de